Den Bauch voller Schmetterlinge kam Mirjeta vor zwölf Jahren aus dem Kosovo nach Österreich. Die Zukunft schien schön und auch gesichert. Der Mann, den sie gerade geheiratet hatte, lebte schon seit vielen Jahren in Österreich. Die Familie wuchs schnell. „Meine Tochter ist heute elf Jahre alt, mein ältester Sohn ist zehn und mein kleiner Sohn geht noch in den Kindergarten. Er ist jetzt sechs“, beschreibt sie ihre Familie. Vor fünf Jahren aber endete Mirjetas Ehe.
2019 stand sie vor einem neuen Beginn: Diesmal hatte das Grummeln im Bauch nichts mit Schmetterlingen zu tun. Doch die Freude über das Erreichte macht diesen Tag, den 22. Mai 2019 für sie zum Fest: Der Carla-Shop in der Grazer Annenstraße wurde eröffnet – und sie wurde offizell als Shop-Verantwortliche vorgestellt!
„Ich finde, das ist das schönste Carla-Geschäft überhaupt. Ich habe schon viele unserer Shops besucht und auch dort gearbeitet, aber dieser ist der schönste. Wir haben hier besondere alte Lampen, die gibt es sonst gar nicht mehr zu kaufen. Die Kunden und Kundinnen schätzen das! Und überhaupt die Einrichtung mit den alten Möbeln. So gelungen!“, schwärmt sie.
Freilich trägt auch sie selbst sehr viel dazu bei, dass die Atmosphäre hier gut ist. Denn ein liebevoll geführtes Geschäft bietet eben mehr als die Summe seiner Teile. Als Shop-Verantwortliche sorgt sie dafür, dass Sachspenden, die ins Geschäft gebracht werden, entgegengenommen, sortiert und ins beste Licht gerückt werden.
„Hierher kommen oft junge Leute, nur um Kaffee zu trinken. Sie finden es hier cool und sie stammen aus den verschiedensten Nationen. Das macht mein Arbeitsumfeld noch einmal interessanter“, erzählt die Shop-Verantwortliche. Auch mit den Kolleginnen fühlt sie sich wohl. Sie sind Transitarbeiterinnen. Menschen, die über das Arbeitsmarktservice befristet angestellt werden. So hat sie selbst hier vor drei Jahren angefangen.
Mirjeta hatte 2018 die Ausbildung zur Kosmetikerin- und Fußpflegerin gemacht, nach sechs Monaten Ausbildung war sie damit fertig und ging auf Jobsuche. Vergeblich. Schließlich wurde sie auf eine Jobbörse eingeladen. Und so kam es, dass sie als Transitarbeitskraft bei Carla beginnen konnte. „Das war damals im Shop in der Merangasse“, schaut sie zurück. Ihre Tatkraft und ihr Wesen überzeugten. Als dann der neue Shop in der Annenstraße geplant wurde, bekam sie das Angebot einer unbefristeten Beschäftigung.
Jetzt arbeitet sie in Vollzeit. Das macht sehr vieles leichter, stellt die dreifache Mutter aber auch vor große organisatorische Herausforderungen. „Am Anfang habe ich schon lange überlegt, ob das nicht zu schwer für mich werden könnte. Aber ich schaffe es gut! In der Früh stehen wir auf, ich bringe zuerst die Kinder in die Schule, dann meinen kleinen Sohn in den Kindergarten, dann starte ich meinen Carla-Tag. Um 17 Uhr muss ich die Kinder alle wieder abholen, denn dann schließt die Nachmittagsbetreuung.
Da kommt es schon vor, dass LehrerInnen fragen, wie Carla denn funktioniert. Immer wieder sieht Mirjeta, dass die Idee von Carla gerade bei jungen Menschen gut ankommt. Sie finden es nicht ungewöhnlich, Sachen anzuziehen, die davor schon getragen worden sind. Die Jugendlichen sehen das aus der Perspektive des Umweltschutzes und zeigen ihre Fundstücke aus dem Carla-Shop gerade deswegen besonders gern.