Seit einem dreiviertel Jahr arbeitet Asra im Frauenwohnhaus FranzisCa. Ehrenamtlich und einmal in der Woche. Gewöhnlich ist sie samstags von 6.30 Uhr bis 13.45 Uhr im Haus. Unter der Woche hält sie ihr Vollzeitjob bei der Post auf Trab. Jeden Samstag aber gibt sie Waschmittel aus, Öl, oder was sonst noch vorrätig und gewünscht ist. Oft kommt es dabei zu Gesprächen. Kürzeren oder längeren. Der scheinbare Smalltalk ist für viele der FranzisCa-Frauen genau das, was sie am Dringendsten brauchen: Balsam auf die Seele.
„Früher hatte ich nicht so großartigen Kontakt zu Frauen, die Probleme haben. Ich habe mir gedacht, ja wenn der Mann gewalttätig ist, warum trennt sie sich nicht. Ich wäre weg. Jetzt kann ich die Frauen eher verstehen. Es ist halt nicht immer so leicht, wie man sich das vorstellt. Oder wünscht. Das habe ich über die Frauen in der Notschlafstelle begriffen. Ich möchte selber nie in so eine Lage kommen, aber wenn es passiert, kann ich mich nicht einfach aus der Situation verabschieden. Das sehe ich jetzt.“
Als sie mit ihrer Tätigkeit im Frauenwohnhaus und auch in der FranzisCa –Notschlafstelle begann, wollte sie sich auf einen Beruf im sozialen Bereich vorbereiten. „Ich hatte von einer Freundin von dem Caritas-Ausbildungszentrum für Sozialberufe in der Grazer Wielandgasse gehört und war begeistert. Aber um diese Ausbildung machen zu können, muss ich Erfahrung im sozialen Bereich mitbringen. Die hatte ich damals nicht. Deshalb beschloss ich, mich ehrenamtlich einzubringen“, erzählt Asra. Sicher war sie sich zu diesem Zeitpunkt aber nicht, ob das zu hundert Prozent das Richtige für sie wäre.
„Inzwischen hat es sich aber sehr verstärkt, dieses Gefühl, dass ich diesen Weg einschlagen möchte.“
„Ich habe mich ein wenig geändert in der Zeit, in der ich ehrenamtlich arbeite“, stellt sie fest und es klingt durch, dass sie überrascht ist von dem, was in ihr vorgeht. „Es ist für mich eine Bereicherung. Ich weiß, ich kann Menschen helfen, auch wenn es vorläufig nur dadurch ist, dass ich da bin, dass ich Frauen Waschpulver gebe oder Öl. Was auch immer. Brot. Dass ich mit ihnen rede, frage, wie ich helfen kann. Die Arbeit im Frauenwohnhaus und auch in der Notschlafstelle wirkt auf einer Ebene, die sich dem ersten Blick verschließt.
Die Frauen, die in der Notschlafstelle andocken, sind meist gerade erst einer sehr belastenden, oft gewalttätigen häuslichen Situation entkommen. Sie haben mit Gesprächen nicht gerade viel am Hut. „Jede bleibt für sich, ist in sich verschlossen“, beobachtet die Helferin. Sie spürt aber, dass ihre Anwesenheit auch diesen Frauen gut tut. Mit den Frauen und Kindern in den betreuten Wohnungen ist die Situation viel entspannter. „Ich verstehe mich mit ihnen. Auch mit jenen, die eine andere Sprache sprechen. Dann mache ich mich über Hände und wenn es hilft auch über die Füße verständlich."
Schulisch wählte Asra zunächst einen anderen Weg. „Nach vier Jahren an der Handelsakademie stieg ich aus. BWL und Rechnungswesen waren definitiv nicht meines. Ich nahm die erste Stelle an, die ich bekommen konnte. Denn mir ist es sehr wichtig, dass ich auf eigenen Beinen stehe, nicht vom Staat abhängig bin. Ich bin in der Kundenbetreuung der Post. Eigentlich helfe ich auch da. Aber diese Art des Helfens ist etwas ganz anderes.“